Pressemitteilung der Ratsgruppe DIE LINKE.LEV zur in Leverkusen geplanten Gewerbesteuersenkung

Fast alle im Rat vertretenen Parteien sprechen sich dafür aus, für Leverkusen das „Modell Monheim“ zu übernehmen und den Gewerbesteuerhebesatz fast um die Hälfte zu senken.

Einen solchen Schritt sehen wir als unsolidarisch gegenüber den Nachbarkommunen an und befürchten, dass die erhofften Neuansiedlungen von Unternehmen nicht im ausreichendem Maße gelingen werden, um den Steuerrückgang annähernd zu kompensieren.
Zudem sind außerhalb des Chemparks nicht ausreichend Gewerbeflächen vorhanden, um die notwendigen Neuansiedlungen von Unternehmen in dem Maße zu ermöglichen, dass dadurch der finanzielle Ausfall durch die angedachte Steuersenkung annähernd kompensiert werden kann. Eine dafür notwendige Erschließung von neuen Gewerbegebieten im großen Maße sollte angesichts der hohen Nachfrage nach Immobilien im Stadtgebiet und dem gleichzeitigen Mangel an potentiellen Bauflächen nicht das Ziel der Leverkusener Steuerpolitik sein! Im Zuge einer derart radikalen Senkung der Gewerbesteuer sind Kürzungen bei den städtischen Ausgaben zu befürchten. Diese Kürzung werden bei einem Fehlschlagen dieser Steuerpolitik notwendig sein, um die Einhaltung des Stärkungspaktes zu ermöglichen. Deshalb sollte eine massive Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes im Sinne des Stärkungspaktes auch von höherer Stelle nicht genehmigt werden. Worauf wir als Ratsgruppe drängen werden.

Von einer Senkung wird erwartet, dass sie zur Neu- und Wiederansiedlung von Unternehmen führt, durch die langfristig die Steuereinnahmen steigen und keinen größeren Schwankungen unterliegen werden. Die benannten Schwankungen bei der Gewerbesteuer (2014: 25 Mio. € vs. 2018: 150 Mio. €) sind auch auf das Verhalten der Unternehmen zurückzuführen, konkret der Firma Bayer, die durch „Synergie-Effekte“ im Zuge der Übernahme des Unternehmens MERCK im Jahr 2014 signifikanten Steuer-Einsparungen erzielen konnte, welche für die Stadt nicht nur zu geringeren Einnamen sondern sogar zu Rückzahlungen an die Firma Bayer geführt haben. Auch mit dem Verzicht auf den Markennamen SCHERING und der dadurch entstehenden vermeintlichen „Lücke“ in der Bilanz von 405 Millionen Euro konnte das Unternehmen auf kreative Art seinen steuerpflichtigen Gewinn im Jahr 2011 senken. Deshalb ist fraglich, ob ein massiv gesenkter Gewerbesteuerhebesatz, die Schwankungen wirklich verringern kann, wenn diese scheinbar in hohem Maße von Möglichkeiten zur „kreativen Steuer-Gestaltung“ abhängen, die großen Unternehmen im bestehenden Steuersystem zur Verfügung stehen.
Die Stadt Leverkusen sollte sich nicht auf einen steuerlichen Unterbietungswettbewerb zwischen den Kommunen einlassen, sondern selbstbewusst ihre Standortvorteile gegenüber Unternehmen vertreten. Zurecht kritisierte 2013 der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die Monheimer „Steueroase“ wiederholt öffentlich, weil deren Steuerpolitik auf Kosten der Nachbarkommunen betrieben wurde, die mehr und mehr Unternehmen nach Monheim abwandern sahen. Daher verwundert es uns, dass seine Partei heute auch in Leverkusen die Gewerbesteuer fast halbieren will. Die SPD sollte sich wie alle anderen Parteien hierbei nicht zum Spielball der ansässigen Unternehmen machen, falls diese mit Abwanderung drohen oder andere Unternehmen sie mit einer möglichen Rückkehr verführen sollten. Verantwortungsbewusster wäre es durch eine weniger riskante städtische Steuerpolitik die Grundlage für einen stabilen Haushalt zu schaffen, um unserer Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern zukünftig keine weiteren unnötigen Kürzungen oder Schließungen von sozialen und kulturellen Einrichtungen aufzubürden. Eben dieses Risiko nehmen alle Fraktionen im Rat durch ihre Anträge billigend in Kauf und handeln damit in unseren Augen unverantwortlich!


Eine moderate Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes, die sich am Durchschnittswert in NRW orientiert, sehen wir für eine sichere Haushaltsplanung und im Sinne des Stärkungspaktes als sinnvoller an. Einen entsprechenden Änderungsantrag haben wir eingereicht.